Geschichte von Stadt und Kreis Landskron - 1866 bis 1918
vom preußisch-österreichischen Krieg bis zum Ende des Ersten Weltkriegs
1866 |
Am 23.5. nimmt die 1. Militärbrigade, bestehend
aus zwei Infantrieregimentern,
einer Division Husaren, dem
2. Jägerbataillon und einer vierpfündigen Feldbatterie in Landskron und
Umgebung Quartier. Der Stabssitz der Brigade ist Landskron. Beim
Meierhof wird ein Exerzierplatz und
eine Reitschule eingerichtet. Die Militärmusik spielt auf, auch zu
Tanzunterhaltungen. Ein
Ulanenregiment kommt dazu.
Mit Beginn des
deutschen Bruderkrieges
rücken weiters an 2 Infantrieregimenter,
Hessen und Belgien, eine Eskadron Ulanen und eine Batterie, danach die
Brigade Prinz von Württemberg. Das 2. Armeekorps zieht durch Landskron.
Die Korps-, Brigade- und Regimentskommandanten bleiben in der Stadt.
Die Schulen werden auf unbestimmte Zeit geschlossen; die alte Schule
wird zum Spital, die neue zum Transporthaus eingerichtet. 500 Munitions-
und Proviantwagen werden zum Exerzierplatz beordert. Das 4. Korps
bewegt sich durch Landskron, das 6. folgt. General Graf Thun wohnt im
Hotel Benoni, Prinz von Württemberg im
Weißen Rössel, dem späteren
Hotel Astoria. 120 000 Mann befanden sich in unserer Gegend. Zwei Kommissionen zur Assentierung der jungen militärpflichtigen Männer mußten unverrichteter Dinge wieder abziehen, denn diese waren in die Wälder entflohen. Juli. Nach der Schlacht bei Königgrätz ziehen die Reste der geschlagenen österreichischen Armee wiederum durch unsere Heimat. Bürger und Beamte aus Landskron suchen vor den heranrückenden Preußen in Ziegenfuß Zuflucht und vergraben die Kasse des Steueramtes an einem geheimen Orte. Das 2. Armeekorps bezieht ein Lager vor der Stadt und vernichtet das Getreide vor seinem Abmarsch. Eine Abteilung Husaren mit 4 Geschützen deckt den Rückzug. Zwischen Rudelsdorf und Thomigsdorf besteht diese gegen preußische Husaren ein Gefecht siegreich.
Tags darauf rücken die Preußen unter General von Blankenburg und
unter dem Reitergeneral von Witzleben in Landskron ein. Dem
Gardekorps folgt das 5. Korps unter Steinmetz, der ein Herz von
Stein gehabt haben soll und dessen Proviantoffizier mit
Erhängen, Plündern und Erschießen drohte, wenn nicht jeder
Mann ein Pfund Fleisch nebst einer Zuspeise bekäme. Brot
und die anderen Lebensmittel waren knapp, auch Tabak und
sogar das Salz. In jedem Haus wurden 10 bis 20 Mann
einquartier. Das folgende 6. Korps war wieder einsichtsvoller
und freundlicher. Sein General Mutius hatte den Befehl gegeben,
die Verproviantierung mit möglichster Schonung der Bevölkerung
zu besorgen. Die aufgenommenen Schäden von rund 45.000 Gulden werden mit nahezu 26.000 Gulden entschädigt. Der Kaiser von Österreich wird auf seiner Fahrt nach Prag auf dem Sichelsdorfer Bahnhof auf das Festlichste empfangen. 11.11. Von den in ganz Österreich-Ungarn verliehenen 61 goldenen Verdienstkreuzen erhalten der Landskroner Bürgermeister Josef Niederle eines und ein weiteres der Nieder Johnsdorfer Erbrichter Franz Stangler als Obmann des Bezirksausschusses. | |||
1867 | wird eine Kränzchengesellschaft ins Leben gerufen | |||
1868 | Peter Bibus wird wieder in den Landtag gewählt | |||
1869 |
Die Feuerwehr wird gegründet und 2 Feuerspritzen angeschafft. Das Telegraphenamt wird eingerichtet. | |||
1870 |
Die Straßen werden benannt
Baubeginn der Bahnlinie Wildenschwert - Mittelwalde (Fertigstellung 1874) | |||
1871 |
Die k.k. Zigarrenfabrik (später Tabakfabrik genannt) wird errichtet
In der Angerstraßen werden Wasserleitungen gelegt. | |||
1872 |
Erste Dreschmaschine in Landskron Landskrons k.k. Staatsobergymnasium wird mit den unteren 2 Klassen eröffnet. Es ist das erste Gymnasium im ganzen Schönhengstgau, das bis zur Matura (dem österreichischen Abitur) führt. Landskrons Bewohner hatten es nun nicht mehr nötig, ihre Söhne zur weiteren geistigen Ausbildung schon in jungen Jahren in die Fremde schicken zu müssen. Im Zuge gegenseitiger Hilfe wurden verschiedene Stiftungen ins Leben gerufen, beispielsweise die Studentenstiftungen für das Gymnasium. | |||
1874 | Errichtung der Fachschule für Weberrei im Gemeindehaus. Einrichtung eines Krankenhauses in Landskron, das im Spital untergebracht wird, durch den pensionierten k.k. Oberarzt Dr. Johann Philipp aus Olberdorf. Er beschenkte es mit seiner Bibliothek und seinen Instrumenten. | |||
1876 | Das Eichamt wird errichtet. | |||
1878 |
Der Stadtplatzteich wird in
ein Wasserreservoir umgestaltet. Gründung der Zeitung Landskroner Wochenblatt. | |||
1881 | In Landskron (im Bild), Michelsdorf und Thomigsdorf werden Denkmäler für Kaiser Joseph II. errichtet; auch Sichelsdorf und Lußdorf besaßen Gedenkstätten. | |||
1883 | Die Deutschen verlieren die Mehrheit im Landtag des Königreichs Böhmen. | |||
1885 | 31.5. Eröffnung der Lokalbahn Landskron - Rudelsdorf | |||
1887 | 14.-22.8. Gewerbeausstellung Landskron | |||
1889 | Eröffnung der Bahnlinie Triebitz - Mährisch Trübau - Proßnitz. Annabad erhielt später eine Haltestelle. | |||
1893 | 7. und 8.8. in Landskron Hauptversammlung des Deutschen Landes-Lehrervereins in Böhmen | |||
1894 |
Erstes elektrisches Licht in Landskron.
2. bis 6.9. Unter der Leitung des Feldmarschalls Erzherzog Albrecht und vor den Augen des eigens dafür angereisten Kaisers findet bei Landskron ein großes militärisches Manöver statt. Während des Einzugs des Kaisers am 2.9. gegen halb 8 Uhr in Landskron bildeten öffentliche Korporationen entlang der Wege sowie dem Hauptplatze Spalier. Der ganze Empfang trug den Charakter tiefempfundener Loyalität und patriotischer Herzlichkeit. Nach Anhörung einer stillen Messe begab sich der Kaiser auf den Ringplatz, wo die dort aufgestellten uniformierten Vereine vor demselben defilierten. Ab 10 Uhr vormittags empfing der Kaiser die Hofwürdenträger, den Klerus, die Behörden und Korporationen. Von 3 Uhr an besichtigte der Kaiser, begleitet von Erzherzog Rainer, die Gold- und Silberwarenfabrik Rudolf Emil Langer, die Tabakfabrik, die Webschule und die Schießstätte der Landskroner Schützengesellschaft. Während der Fahrt durch die Stadt brachte die Bevölkerung dem Monarchen immer wieder begeisterte Ovationen dar. Im nebenstehenden Bild der Kaiser (rechts) mit Erzherzog Albrecht und links dem Feldzeugmeister Beck | |||
1896 | erste Kinovorführung in Landskron | |||
1898 | Viehausstellung mit Prämierung in Landskron | |||
1899 | weitere Wasserleitungen verlegt | |||
1900 |
Schönhengster Radrennen über 63 km:
Zwittau - Landskron -
Mährisch Trübau - Zwittau Einführung der Kreisjagden | |||
1901 | Spitalkirche renoviert (große Opferfreudigkeit ehemaliger Schüler des Gymnasiums und auswärts lebender Landskroner) | |||
1903 | Das Gaswerk wird erreichtet | |||
1904 | Enthüllung des Kriegerdenkmals für 1866 unter Anwesenheit des Generals der Kavellerie Prinz Wilhelm zu Schaumburg-Lippe und der kaiserlich deutsche Konsul Graf Hardenberg. Die Landskroner Bürgerschaft hatte für die hier gefallenen fremden preußischen und österreichischen Soldaten und eine Marketenderin dieses Denkmal gesetzt und zum Mittelpunkt eines Parkes erhoben, der auf dem Gelände des ehemaligen 1. Augustinerklosters und späteren Friedhofs neben der Magdalenenkirche gestaltet wurde. | |||
1906 | Feuerwehrgauverbandsfest in Landskron | |||
1908 |
Am 11.10. wird das Karl-Schücker-Waisenheim
des Bundes der Deutschen in Böhmen in
Nieder Johnsdorf
eröffnet. Als Ort wurde das sich auf einer kleinen Anhöhe befindliche
ehemalige Erbgericht mit 180 ha und zuvor 114 Rindern sowie 10 Zugpferden
gewählt. Beim Verkauf dieses Hofes 1905 scheuten Tschechen kein Angebot,
um in Nieder Johnsdorf Fuß zu fassen (das unweit davon gelegene
Riedersdorf verlor bereits 1891 seine deutsche Mehrheit). 3 beherzte
Nieder Johnsdorfer erstanden schließlich den Hof, teilten ihn auf
und veräußerten dem Bund der Deutschen 11 ha (später erweitert auf
34 ha) und das Gebäude zum Ausbau für die Waisen. In ganz Böhmen war
es das zweite Waisenhaus, in seine Pionierart allerdings das erste.
Hier wurde der erste Teil einer großen landwirtschaftlich-gewerblichen
Dorfanlage zur Erziehung der Waisen vorgestellt. In 10 Jahren sollten
da 10 Pflegefamilienhäuser mit je 20 Kindern bezogen worden sein.
Finanziell half die Zentralstelle für deutsche Waisenpflege und
Jugendfürsorge in Böhmen aus. Das Haus mit seinen 40 Zöglingen
wurde unter Schutz und Schirm von Nieder Johnsdorf und Landskron
gestellt. Ab 1929 führte man Waisenhaus und Landwirtschaft getrennt. Nach 1938 diente das Haus auch als Durchgangslager für Wolhyniendeutsche und 1941 wurde es an einen Bauern verkauft. | |||
1909 | 6.6. Hochwasserkatastrophe in Landskron und Sichelsdorf. Der Pegelstand des Johannisbaches beträgt 4,60 m über normal. | |||
1910 | Saalbau zur Schießstädte | |||
1911 | Gründung des Bezirksverbandes Landskron des Bundes der Deutschen in Böhmen | |||
1912 |
Erster Autobesitzer in Landskron ist der Uhrmachermeister Ignaz Kobsa.
3. und 4.8. Zum 18. Bundesfest des Bundes der Deutschen in
Böhmen beleben Tausende aus den Sudetenländern unsere Heimatstadt.
Bei Kundgebungen auf dem Festgelände der
Schießstätte machten
sich erstmals zaghaft Kräfte bemerkbar, die vor der Bedrohung
des österreichischen Deutschtums warnten. Begründung der Schönhengster Sprachinseltage mit Tagungen zumeist in Triebitz. | |||
1913 |
Kinobau mit 408 Sitzplätzen, davon 84 auf dem Balkon. Gründung des Schönhengstturngaues. Gründung des Dachverbandes der etwa 140 nichtpolitischen Vereine im Bezirk Landskron. | |||
1914 |
Die Seidenweberei Carl Thoma, Zohsee
errichtet in Wien eine Fabrikniederlage.
Mit dem Ausbruch des 1. Weltkriegs am 18. Juli beginnt das Absinken der Geburtenzahlen, das bis 1929 anhält. Im Verlauf des Krieges: Zeichnung von Kriegsanleihen, Abführung der Kirchenglocken, Einführung von Lebensmittelkarten. In den Schulen werden Teekräuter, Faserpflanzen, Wildfrüchte und Knochen gesammelt. Aus Leinwandresten entsteht Verbandsmaterial. Die Mädchen stricken Handschuhe, Ohren- und Kopfschützer. Man liest nach der Ernte auf den Feldern die Ähren auf. Einige hundert Flüchtlinge aus Galizien sind während des Krieges in Landskron untergebracht. Auch ein militärisches Hilfslazarett befindet sich in der Stadt. | |||
1918 |
Seit Ausbruch des Krieges agitierte der tschechische Universitätsprofessor
Th. G. Masaryk im Ausland - unterstützt durch seinen Schüler Dr. E.
Benes - und erreicht tatsächlich die Anerkennung des noch nicht
bestehenden tschechoslowakischen Staates am 30.7. nacheinander
durch Italien, Frankreich, Großbritannien und schließlich am 3.9.
auch durch die USA.
Am 27.10., dem Landskroner Volkstrauertag, unterzeichnen
der Bezirksobmann Leopold Janisch, der Landskroner Bürgermeister
Franz Neugebauer und Vertreter aller ortsansässiger deutscher
Parteien einen Aufruf, in dem es heißt:
|