Geschichte von Stadt und Kreis Landskron - 1918 bis 1938
Zeit der ersten tschechischen Besetzung
1918 |
Am 28.10. rufen die Tschechen ihren Staat aus.
Am 29.10. erfolgt daraufhin die Gründung der Provinz Deutschböhmen als Teil des neugegründeten Staates Deutsch-Österreich. In Landskron wird am 1.11. der deutsche Bezirks-Nationalrat für Landskron und Umgebung ins Leben gerufen. Er hatte in erster Linie für die Aufrechterhaltung der Ordnung zu sorgen. Er führte die öffentliche Verwaltung durch.
Die heimkehrenden Soldaten gründen am 9.11. einen Soldatenrat,
der sich die Sorge um die von der Front zurückkehrenden Soldaten aus
Landskron und Umgebung zur Aufgabe stellt. Am 23.11. landet zur Unterstützung der Landskroner ein österreichisches Militärflugzeug. Die Bahnstation Böhmisch Trübau schickt einen Sonderzug mit tschechischen Soldaten nach Landskron. Diese beschlagnahmen das Flugzeug, tragen es auf ihren Schultern zum Bahnhof und fahren es nach Hohenmauth, dem Standort einer tschechischen Kaserne.
Am 27.11. besetzt eine Abteilung tschechischer Soldaten in
Stärke von 300 Mann, ungeachtet des scharfen Protests des
Landskroner Nationalrates, das Landskroner Rathaus erst, nachdem
zwei Landskroner Tschechen versichert haben, daß in der Stadt kein
Widerstand zu erwarten sei. Die Soldaten erklären das Rathaus zur
Befehlsstation und hissen die neue tschechoslowakische Nationalflagge.
Gleichzeitig besetzen sie alle örtlichen Ämter und die staatliche
Tabakfabrik. Die deutschen Richter werden abgesetzt. | ||||||
1919 |
Am 4.3. war, wie in anderen sudetendeutschen Städten, auch
in Landskron eine von allen deutschen politische Parteien getragene
Protestkundgebung gegen die durch die tschechoslowakische Gewaltpolitik
erzwungene Ausschließung der Sudetendeutschen von der Vertretung in der
deutsch-österreichischen Nationalversammlung.
Die tschechische Minderheitenschule Landskron wird in der alten Webschule untergebracht. Die deutschen Gemeinden des Gerichtsbezirks Wildenschwert mußten auf die tschechische Amtssprache umdenken, weil der Bevölkerungsanteil der Deutschen in diesem Gerichtsbezirk, der auch zahlreiche Dörfer außerhalb des Schönhengstgaus umfaßte, unter 20% lag. Dreihöf, Hertersdorf, Hilbetten, Knappendorf, Nieder-, Mittel- und Ober Lichwe, Seibersdorf und Tschernowier waren davon betroffen. Diese Gemeindeämter bekamen die Kundmachungen sowie alle Zuschriften nur in der Amtssptache tschechisch. Zuschriften von den Ämtern und Behörden an Privatpersonen wurden nur in tschechischer Amtssprache zugestellt. Auf allen Postsendungen durfte die deutsche Bezeichnung Wildenschwert nicht mehr geschrieben werden, sonst wurde die Beförderung ausgeschlossen. Alle Verhandlungen bei Ämtern und Behörden, ob mündlich oder schriftlich, durften nur in der Amtssprache abgewickelt werden. Wenn ein Deutscher wegen Unkenntnis der tschechischen Sprache der Verhandlung nicht folgen konnte, mußte er sich auf eigene Kosten einen Dolmetscher mitbringen. Selbst Auskünfte erteilten die Ämter nur in der tschechischen Amtssprache. Aus den in der Triebitzer tschechischen Schule 1938 aufgefundenen Akten geht ein weiteres Beispiel der nach 1918 geübten Tschechisierung hervor: Der Leiter der dortigen tschechischen Schule hatte jeweils an die Narodni Jednota und an die Schulbehörde zu berichten, wenn von der Bahn Versetzung, Entlassung oder Pensionierung eines Deutschen geplant war. Immer wurde dabei gefordert, einen kinderreichen Tschechen dafür einzustellen. Man interessierte sich auch, ob nicht ebenso beim Gemeindeamt Tschechen eingeschleust werden könnten. Die Anzahl der tschechischen Familien wuchs in Triebitz von 1 auf 35! Deutscher Kulturverband gegründet, der Deutsche Schulverein war verboten worden. Die Kriegsanleihen müssen entschädigungslos abgeliefert werden. | ||||||
1920 |
4.10. In der Fiebigstraße
im Haus Nr. 167 werden Räume zur Errichtung einer tschechischen Bürgerschule
beschlagnahmt.
Vermessungsarbeiten für den Elbe-Oder-Donau-Kanal in Hilbetten, Riebnig, Triebitz, Thomigsdorf, Lukau. 8.11. Allgemeiner Schulstreik wegen der Drosselung des deutschen Schulwesens. | ||||||
1921 |
Zweigstelle der Deutschen Bank eröffnet.
8.5. Der Zentralverband der deutschen Landwirtschaftlichen Genossenschaften Böhmens veranstaltet in der Schießstätte seine Raiffeisentagung mit 600 Teilnehmern aus dem ganzen Land. | ||||||
1922 |
1. Volkshochschullehrgang in Annabad.
Das Schönhengster Gaulied entsteht.
50-jähriges Jubiläum des deutschen Obergymnasiums Landskron. Sammlungen für das deutsche Studentenopfer. Erster Rundfunkempfang mittels eines selbstgebastelten Kristall-Detektors von Prof. Prantl, Landskron. | ||||||
1923 |
Erster Lastkraftwagen in Landskron.
Vom 1. zum 2.6. erfolgte der von Tschechen befohlene Abbruch des Kaiser-Joseph-Denkmals (rechts im Bild). Erstes Kriegerdenkmal in Thomigsdorf enthüllt, 2 Wochen später in Nieder Johnsdorf. Sammlung für die Ruhrdeutschen. | ||||||
1924 |
In Landskron gründet Prof. Dr. Emil Lehmann den Verband
für die Heimatforschung und Heimatbildung, Prof. Dr. Alfred Grimm
die Abstinenzlerbewegung Jungschar, die zum sudetendeutschen
Jugendrotkreuz wird.
Am 4.12. werden die österreichischen Geldmünzen aus dem Verkehr gezogen. | ||||||
1925 |
Dr. Grimm gibt die Jugendzeitschrift Jungschar heraus und händigt
im Kampf gegen Alkohol und Nikotin bis 1938 150.000 Versprechenskarten
aus.
Der Friedrich-Ludwig-Jahn-Turn- und Sportplatz wird eröffnet, der Jahn-Gedenkstein 1928 enthüllt. Glockenweihe bei St. Wenzel; Patin ist die Gattin des Fürsten Alois von und zu Liechtenstein; beide sind anwesend. Das bereits 1921 geplante Kriegerdenkmal in Landskron (rechts im Bild) wird feierlich enthüllt. Elektrifizierung in Landskron. 1925 bis 1928 wird die Gesellschaft für deutsche Volksbildung in der ČSR von Landskron aus geleitet.
Die Schule Adlerdörfel
wird einklassig und zählt nun nur noch 35 - 50 Schüler, die
tschechische Minderheitenschule nahezu 70. Um jedes Kind mußte
gekämpft werden, während die Tschechen Unterstützung in
vielfältiger Form boten. | ||||||
1926 |
Durch die Bodenreform werden die Meierhöfe in Landskron,
Lukau,
Die Landskroner Bezirksverwaltung (1,5 Millionen Kć Schulden) muß mit der tschechischen Wildenschwerter Bezirksverwaltung (15 Millionen Kć Schulden) zusammengelegt werden, wobei die Gesamtlasten gemeinsam zu tragen sind! Gründung des Vereins zur Unterstützung bedürftiger Schüler des Deutschen Staats-Real-Gymnasiums Landskrons. Vermögensstand 1928: 20.534,35 Kć. Schüler erhielten aus Schülerlade Kleider, Schuhe, Geld für Bücher, Ausflüge, Eintrittskarten, Wohnungsmiete. 1928 wurden 183 wöchentliche Freitische von Bürgern gewährt und 19 Mittagessen je Woche vom Verein selbst. Ein Niederschlagsmesser wird aufgestellt. | ||||||
1927 |
Die tschechische Volks- und Bürgerschule gebaut.
Die Stadt kauft vom Fürsten das alte Schloß und das Gebäude der politischen Bezirksverwaltung. Enthüllung des Peter-Wurst-Denkmals Von einem Landskroner Unternehmer wird die Omnibuslinie Landskron - Mährisch Trübau eröffnet und mehrmals täglich befahren. 1931 wird der Linienverkehr bis Brünn ausgedehnt. | ||||||
1928 |
werden die Buslinien nach Zwittau,
Grulich und Wildenschwert genehmigt.
Manöver der tschechoslowakischen Armee. Gesang-, Musik und Theaterverein Landskron führen die Passionsspiele schon das dritte Jahr auf, die von Deutschen und Tschechen aus einem Umkreis von 100 km besucht werden. Die Schönhengster Heimattage mit der Ausstellung Schönhengster Heimatschule finden in Landskron statt, gleichzeitig das Gauturnfest. Die Deutschrussin Dr. Johannson hält auf Einladung des Bezirksbildungsausschusses in Landskron einen Vortrag über eine Deutsche Siedlung auf der Krim: Zwei Dörfer, die Johnsdorfer und Knappendorfer Dialekt sprechen; die Auswanderung erfolgte 1862. | ||||||
1929 |
Fast der ganze Obstbaumbestand durch Frost vernichtet.
Große Arbeitslosigkeit in der ČSR. Betroffen ist vor allem die deutsche Bevölkerung. In die böhmische Landesvertretung sind gewählt: die Landskroner Franz Krausch (christlich-soziale Volkspartei) und Franz Illner (deutsche sozialdemokratische Partei) und der Lukauer Heinrich Arzt (Bund der Landwirte). | ||||||
1930 | Im Prager Ministerium für Schulwesen und Volkskultur sind von 507 Beamten aller Grade lediglich 5 mit deutscher Muttersprache. Gemessen am deutschen Bevölkerungsanteil am Staat hätten es 115 sein können! | ||||||
1932 |
4.1. - Hochwasser in Landskron
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1933 |
Bachregulierung in Landskron im Zuge der Notstandsmaßnahmen (gerade
fertiggestellter Bach rechts im
Bild, dahinter die Erxleben-Gasse und die Firma
Pam). Im Bezirk sind 26% arbeitslos, auch von der Lehrerschaft ist 1/5 ohne Arbeitsplatz. Wie schlecht die Ernährungslage der deutschen Bevölkerung ist, zeigt Tschenkowitz: 1/3 der Schulkinder sind unterernährt. Die schon unter Österreich-Ungarn bestandene deutsche nationalsozialistische Arbeiterpartei löst sich einen Tag vor der amtlichen Auflösung selbst auf. Auch die Arbeit der deutschen Nationalpartei wurde kurz darauf behördlich untersagt. Konrad Henlein beginnt, alle Sudetendeutschen in der sudetendeutschen Heimatfront zu sammeln. | ||||||
1935 |
wurde die Partei in Sudetendeutsche Partei umbenannt. Bei
den Parlamentswahlen am 19.5. ging sie als stärkste
Partei hervor, wurde jedoch nicht an der Regierungsbildung
beteiligt. Die anstehenden Gemeindewahlen werden auf 1937
verschoben, aber erst 1938 durchgeführt.
Forderungen nach Autonomie. Tagung des bienenwirtschaftlichen Zentralverbandes Böhmen in Landskron. | ||||||
1936 | Verdunklungs- und Fliegerabwehrübungen. | ||||||
1937 |
Gauturnfest auf dem
Jahnturnplatz Landskron
(rechts)
Das Drahma "Die Ahnenwiege" von Fritz Kube durch die Schubertbühne unter Hermann Dieffenbacher in Landskron uraufgeführt. | ||||||
1938 |
Außer der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei
lösen sich alle deutschen Parteien zugunsten der Sudetendeutschen
Partei auf oder treten geschlossen über.
Bei den Gemeinde- und Bezirksvertretungswahlen am 22.5. erhält die Sudentendeutsche Partei im Sudetengebiet über 90% der Stimmen. 3.8. Die Delegation der britischen Regierung unter Lord Runciman trifft in Prag ein, um die Situation zu überprüfen. Ihr Ergebnis: Loslösung der sudetendeutschen Gebiete von der ČSR. 14.9. und 24.9. Verhaftungen sudetendeutscher Funktionäre. Am 21.9. unterbreiten der britische und französische Gesandte gemeinsam der Prager Regierung die Forderung, die sudetendeutschen Gebiete abzutreten. Mobilmachung. Viele Deutsche folgen der Mobilmachung nicht, verstecken sich und bilden den grünen Kader und auf reichsdeutschem Boden das sudetendeutsche Freikorps. Die Deutschen müssen alle Waffen abliefern. Das Tragen von Parteiuniformen ist verboten. Die Rundfunkgeräte müssen abgeliefert werden. Die Sudetendeutsche Partei wird verboten - obwohl immer noch stärkste Partei im tschechischen Parlament. Ebenfalls wird der Turnverein und der Bund der Deutschen aufgelöst. Allgemeines Versammlungsverbot. Hausdurchsuchungen bei den Funktionären. Verhaftungen. Am 29.9. wird das Münchner Abkommen zwischen den vier europäischen Großmächten von der tschechischen Regierung angenommen. Erst am 5.10. ist für den Schönhengstgau als Sprachinsel der Anschluß an das Deutsche Reich sicher. Das Landskroner Ländchen zählt zur 10. und letzten Etappe der Befreiung. |