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Geschichte der Sudetenländer - 1918 bis 1938

Erste tschechische Okkupation

Am 28. Oktober 1918 wurde in Prag die Tschechoslowakische Republik als gemeinsamer Staat der Tschechen und der Slowaken proklamiert. Dies erfolgte unter Hinweis auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker und das 14-Punkte-Programm des US-Präsident Wilson.
Einen Tag später wurden in den geschlossenen deutschen Siedlungsgebieten - ebenfalls unter Verweis auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker - die unabhängigen Provinzen Deutschböhmen und Sudetenland ausgerufen. Am 22. November erklärten sich diese zu einem Teil Deutschösterreichs.

Daraufhin wurden die deutschen Gebiete von tschechischen Truppen besetzt und damit begonnen, eine tschechische Verwaltung durchzusetzen. Die Mitglieder der Regionalregierungen von Deutschböhmen und dem Sudetenland flohen im Dezember vor den vorrückenden tschechischen Einheiten ins Exil.
Friedliche Demonstrationen der deutschen Bevölkerung für das Selbstbestimmungsrecht der Völker am 3. März 1919 wurden von der tschechischen Armee mit Waffengewalt aufgelöst, wobei 54 Deutsche erschossen und zahlreiche verletzt wurden.

Prof. Coolidge, der von der US-Regierung in die neu gegründete Tschechoslowakei gesandt worden war, schrieb später in seinem Abschlußbericht an die US-Delegation bei der Friedenskonferenz von Paris:

     "Würde man den Tschechoslowaken das ganze Gebiet zuerkennen, das sie beanspruchen, so wäre das nicht nur eine Ungerechtigkeit gegenüber vielen Millionen Menschen, die nicht unter tschechische Herrschaft gelangen wollen, sondern es wäre auch für die Zukunft des neuen Staates gefährlich und vielleicht verhängnisvoll..

Das Blut, das am 4. März geflossen ist, als tschechische Soldaten in mehreren Städten auf die deutsche Menge feuerten, ist obwohl es im Vergleich zu den Opfern, deren Zeugen wir geworden sind, nur ein Tropfen ist auf eine Art und Weise vergossen worden, die nur schwer verziehen werden kann."

    

Coolidge schlägt darüber hinaus die Gründung eines tschechoslowakischen Staates ohne die deutschen Gebiete vor. Diese sollten im Süden an Österreich, im Westen an Bayern und im Nord-Osten an Schlesien fallen.

Legalisierung der Okkupation

Nach der militärischen Besetzung der deutschen Gebiete strebte die tschechoslowakische Regierung unter dem Präsidenten Tomáš Masaryk und unter Beteiligung von Eduard Beneš nun eine dauerhafte Festschreibung und Legalisierung dieses Zustands an. Dazu wandten sie sich - wie auch schon während des Krieges - an die Alliierten und erreichten mit Lüge und Heuchelei deren Zustimmung zur Annektierung von Deutschböhmen, der Provinz Sudetenland, Teilen Niederösterreichs und Teilen Oberösterreichs.

So versprachen Sie auf der Friedenskonferenz von Paris im Memorandum III:

     "Die Deutschen würden in Böhmen dieselben Rechte haben wie die Tschechoslowaken. Die deutsche Sprache würde die zweite Landessprache sein, und man würde sich niemals irgendeiner Unterdrückungsmaßnahme gegen den deutschen Bevölkerungsanteil bedienen. Das Regime würde ähnlich dem der Schweiz sein."     

Des weiteren gab die tschechische Regierung die deutschen Bevölkerungszahlen im beanspruchten Gebiet um knapp 1.000.000 Einwohner niedriger an als dies der Wahrheit und den Ergebnissen der Volkszählung von 1910 entsprach. Zur Illustration der falschen Zahlenangaben übergab Beneš den Alliierten eine ebenfalls gefälschte Nationalitätenkarte von Böhmen, in der viele mehrheitlich deutsche Gebiete nicht als solche gekennzeichnet wurden. So wird darin auch der Kreis Landskron und das gesamte Schönhengstgau trotz seiner mehr als 95% deutscher Einwohner nicht als deutsches Siedlungsgebiet dargestellt.

     
die Fälschung von Beneš Ergebnis der Volkszählung 1921

Auch Präsident Masaryk trug seinen Teil zum Lügengebilde bei. So äußerte er sich am 10. Januar 1919 in der französischen Tageszeitung "Le Matin" wiefolgt:

     "Unsere geschichtlichen Grenzen stimmen mit den ethnographischen Grenzen ziemlich überein. Nur die Nord- und Westränder des böhmischen Vierecks haben infolge der starken Einwanderung während des letzten Jahrhunderts eine deutsche Mehrheit."     

Dem schenkten die Siegermächte Glauben und so wurden am 10. September 1919 im Vertrag von Saint-Germain-en-Laye auch mehr als 3.000.000 Deutsche zwangsweise und entgegen dem Selbstbestimmungsrecht der Völker, das für Tschechen, nicht aber für Deutsche galt, Bürger des tschechoslowakischen Staats.

Der französische General Foch sagte 1920 angesichts dieser erzwungenen und das deutsche Volk stark benachteiligenden Verträge:

     "Das ist kein Frieden. Das ist ein zwanzigjähriger Waffenstillstand."     

Tschechisierung

Nun waren die während der Verhandlungen mit den Alliierten geleugneten Deutschen aber durchaus vorhanden und nach den Tschechen und noch vor den Slowaken die zahlenmässig zweitstärkes Volksgruppe im neuen Staat. Das sollte nach Aussage des Präsidenten Masaryk aber keinesfalls so bleiben. Bereits 1919 sagte er:

     "Im übrigen bin ich davon überzeugt, daß eine sehr rasche Entgermanisierung dieser Gebiete vor sich gehen wird."     

Um dies umzusetzen, erließ die Regierung zahlreiche Gesetze, welche die Schwächung der deutschen Minderheit und Ansiedlung von Tschechen in den deutschen Gebieten, die inzwischen in ihrer Gesamtheit "Sudetenland" genannt wurden, zum Ziel hatten:

Zu einem gewaltsamen Aufstand gegen die tschechische Unterdrückung kam es zwar nicht, wohl aber zu einer mit den Jahren immer weiter fortschreitenden Sammlung der Deutschen in der "Sudetendeutschen Partei" (SdP) von Konrad Henlein. Dieser forderte die einst zugesagte sudetendeutsche Autonomie innerhalb des tschechoslowakischen Staates, zu dem er sich jedoch offen loyal bekannte. Im Jahr 1935 wurde die SdP nach Wählerstimmen die stärkste und nach Sitzen im Parlament mit 44 von 300 die zweitstärkste Partei in der Tschechoslowakei. An der Regierung wurde die SdP jedoch weder in diesem, noch in einem anderen Jahr beteiligt.

Am 19. Dezember 1935 wurde Eduard Beneš zum ersten Mal Staatspräsident und verschärfte ein halbes Jahr später die tschechoslowakische Politik gegenüber den Sudetendeutschen mit einem "Staatsverteidigungsgesetz". Die Folge dieses Gesetzes war in den deutschen Landesteilen eine stark gestiegene Anzahl willkürlicher Verhaftungen ohne jegliche richterliche Kontrolle.

Am 27. April 1937 brachte die SdP sechs Gesetzesentwürfe im Parlament ein, die eine Gleichberechtigung der ethnischen Minderheiten sichern sollten, doch diese wurden allesamt abgelehnt.

Insgesamt war das Jahr 1937 entscheidend für die Hinwendung der SdP, die ein Jahr zuvor noch NSDAP-Sympathisanten aus der Partei ausschloß, hin zum Deutschen Reich und hin zum deutschen Nationalsozialismus.

Am 24. April 1938 stellte Henlein das Karlsbader Programm vor, in dem er u.a. die volle Gleichberechtigung der deutschen Minderheit als Volksgruppe, die Feststellung und Anerkennung eines deutschen Siedlungsgebiets innerhalb der Tschechoslowakei, den Aufbau einer deutschen Selbstverwaltung mit deutschen Beamten und eine Wiedergutmachung für die seit 1918 erlittenen wirtschaftlichen Schäden fordert. Die tschechoslowakische Regierung lehnte die Forderungen jedoch ab und teilte dies auch den Regierungen von Frankreich und Großbritannien mit.

Bei den Gemeinderatswahlen am 20. Mai 1938 erhielt die SdP in den Sudetendeutschen Gebieten 92,6% der Stimmen.

Am 21. Mai 1938 begann die Tschechoslowakei mit einer teilweisen Mobilmachung ihrer Armee. Hitler sah dies als Zeichen der Kriegsbereitschaft des Nachbarlandes und polterte

     "Es ist mein unabänderlicher Entschluß, die Tschechoslowakei in absehbarer Zeit durch eine militärische Aktion zu zerschlagen."     

Erst jetzt erkannten die Westmächte die kritische Lage und die Regierung in London riet der tschechoslowakischen Regierung, die Forderungen Henleins ernst zu nehmen. Zudem sandte sie Ende Juli 1938 Lord Runciman als Vermittler und Beobachter in die Tschechoslowakei. Auf dessen Druck billigte Beneš am 5. September den deutsch besiedelten Gebieten die Autonomie, nationale Proportionalität und Gleichstellung der Sprachen zu. Angesichsts der vergangenen 20 Jahre, in denen von tschechischer Seite nur leere Versprechungen gemacht wurden, kam die unfreiwillige Intiative von Beneš jedoch zu spät.

Am 12. September erklärt Hitler auf dem Reichsparteitag in Nürnberg, daß er eine weitere Unterdrückung der Sudetendeutschen nicht dulden werde und das Selbstbestimmungsrecht für sie fordere. In Folge kam es in zahlreichen Städten des Sudetenlands zu Freudenkundgebungen, worauf die tschechische Staatsmacht das Standrecht verhängte.

Die SdP brach nun die Verhandlungen in Prag ab, kündigte das Autonomie-Programm und forderte am 15. September 1938 erstmalig klar und deutlich: "Wir wollen heim ins Reich". Einen Tag später verbot die tschechoslowakische Regierung die SdP und setzte weite Teile der Verfassung ausser Kraft. Henlein entzog sich durch eine Flucht nach Deutschland der drohenden Verhaftung.

Befreiung

Am 11. September 1938 veröffentlich Lord Runciman seinen Abschlußbericht und empfahl die Abtretung der sudetendeutschen Gebiete an das Deutsche Reich. Er schreibt:

     "mein Eindruck ist, daß die tschechoslowakische Verwaltung im Sudetengebiet, wenn sie auch in den letzten 20 Jahren keine aktive Unterdrückung ausübte und gewiß nicht 'terroristisch' war, dennoch einen solchen Mangel an Takt und Verständnis und so viel kleinliche Intoleranz und Diskriminierung an den Tag legte, daß sich die Unzufriedenheit der deutschen Bevölkerung unvermeidlich zur Empörung fortentwickeln mußte."     

Der englische Premierminister Lord Neville Chamberlain flog am 15. September zu Hitler nach Berchtesgaden. Letzterer verlangte die Übergabe der Sudetengebiete an das Deutsche Reich. Unter dem Eindruck des Berichts von Lord Runciman und mit der Erkenntnis, daß eine Ablehnung der deutschen Forderung einen Krieg bedeuten würde, sendeten Chamberlain und der französische Außenminister Daladier am 19. September gleichlautende Noten an die tschechoslowakische Regierung, in denen sie nachdrücklich zur Abtretung aller Gebiete mit mehr als 50% deutscher Bevölkerung aufriefen.

Dies empfand die tschechoslowakische Regierung als Verrat ihrer bisherigen Verbündeten und lehnte am 20. September nochmals ab. Am 21. September erklärten die Gesandten der beiden Westmächte, daß die Tschechoslowakei bei Ablehnung alleine die Verantwortung für einen Krieg trage und eine Beteiligung von Großbritannien und Frankreich daran nicht in Frage komme. Nachdem auch die Sowjetunion keine Unterstützung der Tschechoslowakei signalisierte, gab Beneš am 21. September 1938 schließlich doch seine Zustimmung zur Abtretung des sudetendeutschen Gebiets:

     "Die tschecho-slowakische Regierung hat sich unter dem unwiderstehlichen Druck der britischen und der französischen Regierung gezwungen gesehen, schmerzerfüllt die in London ausgearbeiteten Vorschläge anzunehmen."     

Am 26. September 1938 kündigt Hitler den Einmarsch der Wehrmacht im Sudetenland für den 1. Oktober an, worauf die tschechoslowakische Regierung die Generalmobilmachung ausrief. An diesem Tag sagte Hitler in seiner Rede im Sportpalast:

     "Und ich habe Herrn Chamberlain weiter versichert, daß [...] ich dann am tschechischen Staat nicht mehr interessiert bin. Und das wird ihm garantiert! Wir wollen gar keine Tschechen!"     

Dies stellte sich ein halbes Jahr später jedoch als Lüge heraus.

Am 27. September 1938 wurden nun auch in Deutschland eine Teilmobilmachung vollzogen. An diesem Tag beschlagnahmten die Tschechen alle Rundfunkempfänger im Sudetenland, 20.000 Deutsche wurden als Geiseln festgenommen, 200 Brücken und Eisenbahnstrecken zerstört, Tunnel gesprengt und weitere Verteidigungsstellungen gebaut.

Schließlich traten am 29. September 1938 in München Chamberlain, Daladier, Mussolini und Hitler zusammen um die Modalitäten der Abtretung des Sudetenlands zu klären. Die tschechische Delegation wartete im Vorraum, eine sudetendeutsche Delegation war gar nicht eingeladen worden.
Eine Einigung war schnell erreicht: Am 1. Oktober sollte die Übergabe beginnen und bis zum 10. Oktober abgeschlossen sein.

Die tschechoslowakische Regierung unter dem Vorsitz von Beneš erklärte am 30. September 1938, daß sie das Münchner Abkommen annimmt.

Am 01. Oktober 1938 begann der Einmarsch der deutschen Truppen, am 10. Oktober war das Sudetenland gemäß des Münchner Abkommens befreit. Die deutschen Sprachinseln Iglau und Brünn verblieben jedoch bei der Tschechoslowakei, während der Schönhengstgau Teil des Deutschen Reichs wurde.

Am 05. Oktober 1938 trat Beneš zurück und emigirierte in die USA, am 30. Oktober wurde Emil Hácha zum Staatspräsident der verbliebenen Tschechoslowakei gewählt.

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